2024.Focus.Fake News. Verantwortung.
Der Wahlkampf 2025 hatte seine erste große Falschbehauptung. Am vergangenen Wochenende verbreitete sich ein Artikel von der Nachrichtenseite Focus Online. Darin wurde behauptet, die SPD habe eine Social-Media Kampagne geplant, in der Frauen vor der Wahl von Friedrich Merz warnten. Das Problem: Diese Kampagne gibt es nicht.
Am Sonntag wurde der Text bei Focus Online plötzlich gelöscht. Da hatte er sich aber über die sozialen Netzwerke schon weit verbreitet. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudio erfolgte die Löschung des Artikels auch nicht freiwillig.
Aus der SPD heißt es, man habe nach Gesprächen mit der Redaktion rechtliche Schritte eingeleitet. Die Redaktion habe daraufhin eingeräumt, dass die Meldung einer erneuten Prüfung nicht standgehalten habe. [Quelle: tagesschau.de 19.11.24/12.55]#.
ZMZ
2021-2024. Lindner. Anstand. Stil. Abhängigkeiten. Kritik.
Sind Journalisten zu sehr abhängig von den Informationen der Parteien, um kritischer zu sein? Es geht nicht das Heruntermachen von Politikern, sondern um die vermisste Aufmerksamkeit bei offensichtlichen Auffälligkeiten.
Finanzminister Lindner versuchte mehrfach den Eindruck zu erwecken, er allein entscheide über die Ukrainehilfe. Die Verfahren im administrativen Ablauf mögen so sein, sie aber in Briefen noch einmal zu beschreiben und sich selbst als Endentscheider darzustellen, war mehr als eine Provokation. Es war überheblich und selbstüberschätzend. Lindner war ein Minister. Mehr nicht.
Die Äusserungen der Herren Lindner, Dürr und Dir-Sarai in den letzten Wochen der Koalition waren einfach nur seltsam, lächerlich, peinlich und ganz einfach nur eine Aufmerksamkeits-Erregungs-Panik. Wer so wenig Selbstvertrauen in sich selbst und seine Sache hat, dass er ständig öffentlichkeitsgeil neue Blasen heraushaut, kann einem schon leid tun. Nur ist das alles keine Politik mehr für den Staat und die Gemeinschaft, sondern ein absolut mangelnder Respekt vor der Intelligenz und dem Problembewußtsein der WählerInnen.
Erst jetzt, (viel zu) spät häufen sich in den Medien die kritischen Kommentare zur Rolle Lindners [siehe unten: z.B. Giovanni di Lorenzo in der ZEIT, Heribert Prantl in der SZ, Susanne Beyer im Spiegel].
„Welchen Eindruck sollen Interview-Sätze aus dem Mund des FDP-Parteichefs bei den Wählern hinterlassen, der, während er bereits den Plan zum Koalitionsbruch beriet, öffentlich sagte: "Es geht darum, zu zeigen, dass eine Regierung nicht Teil des Problems ist, sondern Teil der Lösung." Oder: Er stehe "für solche spielerischen Sachen" ungern zur Verfügung, "weil ich auch selber keine Freude daran habe". Wahlkampf? Wo ist die Nachricht? Hallo!?“ [Quelle: Giovanni di Lorenzo ZEIT 20.11.24]
Die Art und Weise, wie der FDP-Parteichef den Ausstieg aus der Ampelkoalition inszenierte, gehört zu den Tiefpunkten in der politischen Kultur der Bundesrepublik. Es war dies eine infame Flegelei, über die der Wahlkampf nicht einfach hinwegrollen wird...Der Koalitionsbruch im Herbst 2024 war ja nicht das erste Mal, dass Lindner mit tückischer Unsolidität aufgefallen ist; das war schon so, als er 2017 die Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition aus Jux und Tollerei platzen ließ. Linder ist unseriös....Lindner ist kein Grundsatzpolitiker, er ist auch kein Stratege; er ist ein Taktiker und ein Spieler. Das von ihm hervorgebrachte Parteiprogramm ist kein Programm, sondern eine Instant-Brühe aus smarten Floskeln und dünnen Sprüchen. [Quelle: Heribert Prantl/Süddeutsche online/ 21.11.2024]
Er [Lindner] sprach außerdem von »staatspolitischer Verantwortung« und mahnte einen Stil in der Politik an, bei dem die »Demokratie keinen Schaden nimmt«.... Doch jeder, der auch nur mit halbem Auge die Berliner Politik beobachtet, konnte ahnen, dass Lindner blufft.... Den Recherchen zufolge tat er genau das, was Gift ist für die Demokratie: Er nutzte Inhalte – eine Wirtschaftswende – nur als Vorwand. Und zwar als Vorwand, die Regierung zu sprengen, in der Hoffnung, damit seine schwächelnde Partei zu retten. ...Nun sollte die politische Kultur im Land nicht davon abhängen, ob ein Herr Lindner aus Wermelskirchen wirklich weiß und danach handelt, was »Würde« und »staatspolitische Verantwortung« in diesen Zeiten ausmacht.
Und Merz? Dass ihm an »Würde« und »staatspolitischer Verantwortung« gelegen wäre, ist in diesen Tagen kaum zu erkennen. Anstatt sofort nach dem Regierungsbruch zu sagen, dass er alles in seiner Macht Stehende tun werde, um das Land zu sichern, hielt er sich mit parteipolitischen Spielchen auf und trieb den Preis für seine Mitarbeit bei drängenden Themen künstlich hoch. …
Der Wahlkampf beginnt, er bietet letzte Chancen. Weniger Lindner wagen – das wäre für alle ein gutes Motto [Quelle: Susanne Beyer, Spiegel-online, 24.11.24]
Zu oft wurden einfach nur die Lindner-Äusserungen wiedergegeben, ohne diese in Zusammenhänge zu stellen. Dabei hätte man schon allein an der Art der öffentlichen Auftritte seit Jahren viel erkennen können. War es richtig von den Medien, sich weitgehend nicht mit den persönlichen Attributen zu beschäftigen? Was könnte man aus alledem für die Zukunft lernen?#
ZMZ
2024-12-09 Fundierte Diskussion
> Zur Rolle der Medien und dem Zustand der Demokratie: https://www.schloss-elmau.de/kultur/symposien/. Lohnt sich.#
ZMZ